Er ließ sich widerstandslos von dem Polizisten zu dem Stuhl bringen und setzte sich. Sein Blick glitt über Gackt, bevor er diesen mit seinem Blick fokussierte.

"Ich würde Ihnen ja die Hand zur Begrüßung reichen, aber wie Sie merken... bin ich leicht verhindert."

Takegami unterdrückte das Lachen, als der Sänger ihm gegenüber blinzelnd wieder in die Realität zurückzukehren schien.

"Ist... ist schon in Ordnung."

Gackt verbeugte sich nur leicht, fast auch als Entschuldigung, denn auch er hatte gemerkt, dass er sein Gegenüber regelrecht angestarrt hatte und versuchte eine bequemere Sitzposition zu finden. Der Sänger sah sein Gegenüber an und lächelte schwach.

"Ähm... entschuldigen Sie die Frage, aber... wieso wollten sie mich sprechen, Teijiro-san?"

Takegami hob eine Augenbraue und lachte kurz auf.

"Das ist das erste Mal in einem Jahr, dass mich jemand höflich anspricht."

Er schüttelte leicht den Kopf.

"Nun, mir ist zu Ohren gekommen, dass sie die Hauptrolle in einem neuen Film übernommen haben... einem Film über mich."

Er sah Gackt an, bevor er weitersprach.

"Und ich muss sagen, ich bin neugierig. Wieso Sie diese Rolle übernommen haben und wie es läuft?"

Gackt hob ebenfalls eine Augenbraue. Es war etwas überraschend für ihn, dass der andere wirklich so viel über das, was außerhalb der Mauern vorging, wusste.

"Nun... die Dreharbeiten haben erst angefangen. Der Grund... gute Frage."

Gackt sah den anderen an und zuckte leicht mit den Schultern.

"Ich muss gestehen, ich weiß es nicht. Ich wurde gefragt und aus mir, wenn ich ehrlich bin, unerfindlichen Gründen fand ich die Idee äußerst faszinierend."

Takegamis Augenbraue wanderte nach oben und er lehnte sich etwas auf seinem Stuhl zurück. Gackt kam nicht umhin sich innerlich zu fragen, ob der andere seine Arme überhaupt noch spürte oder ob sie schon taub waren von der Weste.

„Die Idee ist also interessant? Das finde ich nun wiederum interessant. Jemand, der es interessant findet, mich zu verkörpern.“

Takegami schien über Gackts Aussage nachzudenken, denn er schloss die Augen halb und legte den Kopf schräg.

„Nun, der Grund warum ich sie hergebeten habe ist einfach der, dass ich, wenn dieser Film schon von mir handelt, auch wenigstens etwas Gelegenheit haben will Einfluss darauf zu nehmen.“

Takegami sah den Sänger an und lächelte unter der Maske leicht.

„Und da sie die Person sind, die meine Rolle übernehmen wird, sind sie in dem Falle für mich wichtig.“

Gackt schluckte leicht und wollte etwas erwidern, doch Takegami war noch nicht fertig und unterbrach ihn.

„Verstehen Sie mich nicht falsch, ich vertraue ihren schauspielerischen Fähigkeiten, doch wenn man mich schon nicht fragt, ob ich mein Leben verfilmt haben will, dann sollte es mir immerhin zustehen etwas Einfluss auf das Geschehen zu haben, wenn sich eh nichts mehr daran ändern lässt.“

Gackt musste sich eingestehen, dass er die Worte des anderen verstand und dessen Sinn dahinter. Vermutlich war im letzten Jahr, in dem Teijiro nun schon in Haft saß, vieles über seinem Kopf hinweg entschieden worden. Außer der Tatsache, dass er nun mal ein Mörder war und verurteilt wurde, war er dennoch ein Mensch und Gackt musste sich eingestehen, dass er nicht mit diesem tauschen wollte. Allein der Anblick des Mannes vor ihm in Zwangsjacke und mit dieser Maske hatte bei ihm für eine extreme Gänsehaut gesorgt. Und die Vorstellung, dass er das sein könnte war beinahe unerträglich. Gackt liebte seine Freiheit und der Gedanke darin eingeschränkt zu sein gefiel ihm ganz und gar nicht.

"Und was genau möchten Sie tun?"

Gackt riss sich aus seinen Gedanken los und sah Takegami an. Er hatte das Gefühl die Augen des anderen würden ihn hypnotisieren. Er musterte den Mann vor sich etwas genauer. Teijiro war in etwa genauso groß wie er und auch so schlank. Er hatte dunkle Haare, die etwas länger waren und teilweise seine Augen bedeckten, was den anderen dazu brachte, diese immer wieder mit einer Kopfbewegung zur Seite zu schubsen. Seine Augen waren dunkel. Der Sänger war sich nicht sicher, ob sie braun waren oder nicht doch wirklich schwarz. Das Licht im Raum war nicht besonders hell und er musste sich eingestehen, dass er dem anderen nicht so direkt in die Augen sehen wollte. Das Gefühl der Hypnose war noch immer da und selbst wenn Takegami die Augen kurz schloss hatte Camui das Gefühl, er würde von dem andern beobachtet werden.

"Nun da die Möglichkeit für mich, das Set zu besuchen, nicht besteht, würde ich gerne Ihre Sicht hören, wie Sie gedenken alles zu gestalten."

Takegami sah sein Gegenüber an und lächelte leicht. Ihm blieb nicht verborgen, dass der Sänger immer nervöser zu werden schien. Und dass der andere Mann ihn beobachtete und abschätzte. Auch er hatte den Sänger beobachtet, als er eingetreten war und dessen Ausstrahlung faszinierte ihn. Auf einen Außenstehenden mochte der andere vollkommen ruhig wirken, doch Takegami entging nicht das leichte Zittern der Hände, wenn er sich einmal zu ruckartig bewegte oder der ab und an unsichere Blick in Richtung Tür.

„Nun, wie sah der erste Drehtag aus? Der Direktor hatte mir gesagt, dass er gestern dort anrufen musste um Sie zu erreichen.“

Gackt zögerte einen Moment mit der Antwort. Sollte er seinem Gegenüber sagen wie schwer es ihm fiel, sich in dessen Rolle einzudenken? Oder war es besser diesen anzulügen? Irgendwie hatte er das Gefühl der andere würde merken, sollte er versuchen diesen anzulügen.

„Wenn ich ehrlich bin... äußerst zäh und schleppend.“

Takegami richtete sich etwas auf und drehte erneut den Kopf um einige Haarsträhnen aus seinem Blickfeld zu verbannen.

„Schleppend? Wieso das denn?“

Sein Blick wanderte über Gackts Gesicht und ein leichtes Lächeln schlich sich auf seine Züge.

„Sie können ruhig offen mit mir sprechen. Ich werde Ihnen schon nichts tun. Abgesehen von der Tatsache, dass ich dazu nicht einmal in der Lage bin.“

Der Dunkelhaarige lächelte verschmitzt.

„Ich glaube, wenn ich nur versuchen würde über den Tisch zu springen, wären die Officers vor der Tür sofort hier. Also nur keine Angst.“

Gackt konnte sich ein leichtes Lächeln nicht verkneifen. Er fand es faszinierend wie humorvoll sein Gegenüber die Situation, in der er sich befand, nahm.

„Naja... es fällt mir, wenn ich ehrlich bin, schwer mich in Ihre Denkweise hineinzuversetzen.“

Gackt seufzte leise. Das fast schon enttäuschte Gesicht Keiichis vom Vortag kam ihm wieder in den Kopf. Als der Regisseur ihn nach dem Abbruch der Szene angesehen hatte, hatte Gackt das Gefühl gehabt der andere würde seine Pläne für den Film schon begraben wollen.

„Hm.... und was genau fällt Ihnen so schwer?“

Eigentlich war es eher eine rethorische Frage. Takegami hatte mehr als einmal den unverständlichen Gesichtsausdruck seiner Gesprächspartner im letzten Jahr bemerkt - Immer dann, wenn sie ihn nach seinen Motiven gefragt hatten, immer dann, wenn er seine Geschichte erzählt hatte, immer dann, wenn er von den Gefühlen gesprochen hatte, die er empfunden hatte, wenn er seine Opfer getötet und danach Teile ihrer Leichen gegessen hatte.

„Naja.... Keiichi meinte gestern ich sollte mich in Sie hineinversetzen und ja... eben das fällt mir äußerst schwer. Ich verstehe nicht wieso Sie getan haben, was Sie getan haben. Und daher... kann ich mich nicht in Sie hineinversetzen wie er es wohl gerne sehen würde.“

Takegami richtete sich etwas auf und lächelte leicht.

"Sie haben keine Ahnung wie oft ich das im letzten Jahr erklärt habe. Zig Psychologen, den Anwälten, den Richtern, den Geschworenen."

Er seufzte und sah den anderen an.

Gackt bereute schon fast wieder dem anderen seine Sorgen über die Rolle mitgeteilt zu haben. Die leichte Traurigkeit in dessen Augen war ihm nicht entgangen, auch wenn Takegami sich sehr schnell wieder gefangen hatte, als er ihm nun in die Augen sah.

„Sie sind ein einflussreicher Mann, Camui Gackt. Sie kennen das Gefühl der Macht über andere sicher sehr gut, nicht wahr?“

Camui hob den Blick und sah sein Gegenüber an.

„Sie wissen wie es sich anfühlt, wenn andere sofort das tun, was man von Ihnen verlangt, bevor man es überhaupt ausgesprochen hat. Wenn man das Gefühl hat, sie würden einem die Wünsche aus den Gedanken herauslesen nur um Sie nicht zu verärgern oder um Ihnen zu gefallen.“

Takegami musterte Gackts Gesichtsausdruck. Er bemerkte, dass der andere über seine Worte nachdachte und genau dies hatte er bezwecken wollen.

"Sie wissen wie gut es sich anfühlt, wenn andere Ihnen alles erfüllen. Doch... wissen Sie auch, wie es sich anfühlt all das noch zu steigern? Ihre Fans verehren Sie. Selbst mir ist Ihre Präsenz auf Bühnen oder in Shows nicht entgangen. Sie verehren Sie, als wären Sie ein Gott. Und ich glaube Ihnen gefällt diese Rolle."

Gackts Blick blieb standhaft, als Takegami ihm in die Augen sah. Der Dunkelhaarige spürte die Anspannung im Sänger und lächelte leicht.

"Sie halten sich für einen Gott?"